Die Geschichte jüdischer Ansiedlung in Dobrodzień (Guttentag) reicht bis ins 18. Jahrhundert (laut Alicke sogar bis ins 17. Jahrhundert [1.1]) zurück. Wie die Historiker annehmen, erschienen die Juden in der Stadt wohl vor dem Jahr 1729[[refr:"nazwa"| Borkowski, M., Kirmiel, A., Włodarczyk, T.: Śladami Żydów: Dolny Śląsk, Opolszczyzna, Ziemia Lubuska, Warszawa, 2008, S. 112.]]. Es kann vermutet werden, dass ihre Ansiedlung in der Stadt damit zusammenhing, dass im Mai 1713 Kaiser Karl VI. ein Toleranzpatent erließ, das den Juden bewilligte, sich in Schlesien anzusiedeln, nachdem sie eine spezielle Toleranzsteuer bezahlt hatten. (s. Juden unter der Herrschaft der Habsburger: 16.-18. Jahrhundert )
Während des ersten Schlesischen Krieges im Jahre 1742 befand sich die Mehrheit der schlesischen Gebiete unter der Herrschaft des Königreichs Preußen (bis auf Teschener Schlesien und dem Herzogtum Troppau). 1781 wurde in Dobrodzień (Guttentag) eine hölzerne Synagoge gebaut. Nach einer preußischen Statistik von 1787 lebten hier damals 120 Juden[1.2].
In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde in Dobrodzień (Guttentag) ein jüdisches Krankenhaus gebaut, das sich in der Nähe der Synagoge befand[1.3]. 1830 wurde eine jüdische Schule eröffnet. 1831 unterstützte der Bankier Michael Schlesinger aus Wrocław (Breslau) das Krankenhaus in Dobrodzień (Guttentag) mit einer Spende. Ab 1848 arbeitete dort Dr. Adolf Landsberg, von 1866 an Dr. Dawid Graupner, in den Jahren 1873-1879 Dr. Jakub Gross und ab 1880 – Dr. Oskar Stoll[1.4].
1846 verbrannte die Synagoge in einem riesigen Brand[1.1.4]. 1848 wurde eine neue Synagoge gebaut und 1858 – eine Mikwe[1.1.4]. 1849 lebten 233 Juden in der Stadt[1.5].
1863 wurde in Dobrodzień (Guttentag) eine jüdische Schule mit zwei Klassen eröffnet, die sich bei der Synagoge befand. 1878 wurde sie von 36 Schülern besucht[1.6]. 1866 eröffnete man ein jüdisches Waisenhaus, das von Johanne Friedlander finanziert wurde[1.7]. Es befand sich in der Ogrodowa-Str. [1.8].
Zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert begann die Emigration der Juden aus Schlesien in den Westen. Deswegen wohnten 1896 nur noch 175 Juden in der Stadt[1.9].
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges und der Wiedererlangung der Unabhängigkeit durch Polen sympathisierten die meisten Juden aus Schlesien mit der pro-deutschen Seite. In dieser Zeit entschieden sich mehrere von ihnen, in den Westen auszuwandern, und zwar meistens in die deutschen Großstädte. So war es auch mit Dobrodzień (Guttentag) der Fall. Im Plebiszit von 1921, in dem entschieden wurde, in welchem Staat Dobrodzień (Guttentag) liegen sollte, waren 1664 Stadteinwohner (79,5%) für Deutschland und 403 (20,5%) für Polen. Infolge der Abstimmung blieb die Stadt in Deutschland. 1927 wohnten hier 53 Juden[1.10].
Am 1. April 1933 wurde in Dobrodzień (Guttentag) wie auch in ganz Deutschland ein Judenboykott durchgeführt (s. Schlesische Juden in Deutschland: 1933–1939). Die antisemitischen Gesetze und immer häufigere judenfeindliche Vorfälle veranlassten viele Juden, Schlesien zu verlassen und nach Westeuropa oder in die USA auszuwandern. Trotzdem wohnten 1933 noch 38 Juden in der Stadt.
Während der Reichspogromnacht zerstörten die Nazis in Dobrodzień (Guttentag) den Laden der Familie Siedner auf dem Stadtmarkt. Die Synagoge wurde an die lokale Kreissparkasse verkauft (laut Alicke wurde sie im Zuge des Pogroms in Brand gesetzt [1.1.1]) . Kurz danach wurde das Gebäude abgerissen[1.11]. Diese Verfolgungen zwangen die Mehrheit der Juden aus Dobrodzień (Guttentag) zur Emigration in den Westen. Während der im Mai 1939 durchgeführten Volkszählung wurde festgestellt, dass zu dieser Zeit noch 14 Juden (darunter sechs Männer und acht Frauen) sowie 3 als sog. Mischlinge geltende Personen wohnten[1.12].
Die weiteren Schicksale der Juden aus Dobrodzień (Guttentag) sind nicht bekannt. Es kann nur vermutet werden, dass sie 1940 in eines der Ghettos im Generalgouvernement oder dem Dombrowaer Kohlenbecken deportiert wurden. Sie können auch direkt in eins der Zwangsarbeitslager geraten sein (siehe Arbeitslager in Schlesien).
Die jüdische Gemeinschaft von Dobrodzień (Guttentag) hat es nicht geschafft, in der Nachkriegszeit wiederaufzuleben (s. Juden in Schlesien nach dem 2. Weltkrieg).
- [1.1] Alicke, Klaus-Dieter: Guttentag, [in:] Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, Bd. 3, Gütersloh 2008, S.3219.
- [1.2] Ładogórski, T.: Generalne tabele statystyczne Śląska 1787 roku, Wrocław, 1954, S. 103.
- [1.3] Osadnik, I.: Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień 2004, S. 36.
- [1.4] Osadnik, I.: Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień, 2004, S. 94.
- [1.1.4] [a] [b] Osadnik, I.: Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień, 2004, S. 94.
- [1.5] Osadnik, I. Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień, 2004, S. 95.
- [1.6] Osadnik, I.: Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień, 2004, S. 88.
- [1.7] Osadnik, I.: Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień, 2004, S. 41.
- [1.8] Weltzel, A.: Geschichte der Stadt und Herrschaft Guttentag, Ratibor 1882, S. 315.
- [1.9] I. Osadnik, Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień 2004, s. 95.
- [1.10] Osadnik, I.: Dobrodzień. Monografia miasta 1374–1939 w świetle literatury niemieckiej i polskiej, Dobrodzień, 2004, S. 95.
- [1.1.1] Alicke, Klaus-Dieter: Guttentag, [in:] Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, Bd. 3, Gütersloh 2008, S.3219.
- [1.11] Borkowski, M., Kirmiel, A., Włodarczyk, T.: Śladami Żydów: Dolny Śląsk, Opolszczyzna, Ziemia Lubuska, Warszawa, 2008, S. 113.
- [1.12] Borkowski, M., Kirmiel, A., Włodarczyk, T.: Śladami Żydów: Dolny Śląsk, Opolszczyzna, Ziemia Lubuska, Warszawa, 2008, S. 112.