Juden fingen im 18. Jahrhundert an in Barcin (Bartschen) zu siedeln. Selten tauchten sie auch im 17. Jahrhundert auf. 1772 bewohnten sie (die Familien von Leiser Jude, Hirsch Lewin, Joachim Wolf, Schmil Hirsch, Samuel Joseph (Schmied), Rumprecht (Totengräber), Hirsch (Lehrer) Marcus Hirsch (Schächter), Schmil Moses (Kaufmann), Leiser Littmann) 5 der 62 in der Stadt befindlichen Häuser. Sie beschäftigten sich gröβtenteils mit Schächterei und Fleischverkauf, arbeiteten aber auch als Schmiede, Gieβer und Händler. 1793 bestand die Gemeinde aus 56 Personen (12 Männern, 14 Frauen, 16 Jungen und 14 Mädchen). In den 60er und 70er Jahren des 18. Jahrhunderts waren sie eine kleine Gemeinde mit einem Lehrer. Stufenweise fing man an, die Elemente einer Gemeindeinfrastruktur zu schaffen. In dieser Periode gründeten sie höchstwahrscheinlich einen Friedhof. Er befand sich in der Nähe des Weges ins Dorf Knieja. Der älteste Grabstein ist der von dem in Gniezno (Gnesen) geborenen Leser und stammt aus dem Jahre 1786. Am 5. September 1834 konstituierte sich die jüdische Gemeinde endgültig und 1837 erbaute man eine gemauerte Synagoge. Einzelne jüdische Familien wohnten auch auβerhalb von Barcin (Bartschen), in benachbarten Dörfern. 1903 bestand die Gemeinde aus 67 Personen, wovon 50 in Barcin (Bartschen) wohnten und 17 weitere in Wójcin, Szczepanów und Wapienno (Hamilkarowo). In den 50er und 60er Jahren des 19. Jahhunderts wurde die demographische Entwicklung der dortigen jüdischen Gemeinschaft aber unterbrochen. Die jüdische Bevölkerung wanderte systematisch in gröβere Städte Deutschlands und teilweise auch in die USA aus. Dies führte dazu, dass die Gemeinde nie einen eigenen Rabbiner berief. Auch verzichtete man Anfang des 20. Jahrhunderts manchmal auf die Finanzierung der religiösen Schule und die letzten 10 Schüler wurden in die jüdische Schule in Pakość (Pakosch) versetzt [[refr;|Aron Heppner, Izaak Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden in den Posener Landen, Koschmin-Bromberg 1904-1908, S. 297-298.]]. Nach der Entvölkerung der Gemeinde in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entschieden die letzten Juden die Synagoge zu schließen und aufzuhören die Gemeindeinfrastruktur zu nutzen. Der Grund dafür wurde vom Vorsitzenden des Gemeindevorstandes in Szubin (Schubin) angegeben: „[…] die Mitglieder… bezahlten überhaupt keine Beiträge und lebten religionslos, von der Schächterei machten sie keinen Gebrauch [[refr;|Archiwum Państwowe w Bydgoszczy (APB, StaatsarchivBydgoszcz (Bromberg)), Urząd Wojewódzki Pomorski w Toruniu (UWPT, Amtder Woiwodschaft Pommern in Toruń(Thorn)), Sign. 4504.]]”. Die letzten vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1911 gewählten Gemeindevorstandsmitglieder waren: Adolf Gerson, Abraham Lachmann und Markus Markus. Als 1917 die Amtszeit des Vorstandes ablief, verwaltete niemand mehr die Gemeinde. Auch die Beamten verlieβen die Stadt. 1930 wurde der Bürgermeister der Stadt zum Kommissaren der jüdischen Gemeinde ernannt. In der Zwischenkriegszeit (1919-1939) setzte sich das Gemeindevermögen aus folgenden Objekten zusammen: Synagoge mit Nebengebäude und Garten in der 4-Stycznia-Str. 70 (heute 4-Stycznia-Str. 9), Friedhof mit Leichenhalle und Grundstück (3/4 Morgen), Wiese (1/2 Morgen). Die Ausstattung der Synagoge bestand aus 10 Bänken, 4 Stangen, 2 Altardecken; in der Leichenhalle befanden sich 2 Bretter zum Leichenwaschen, 3 schwarze Bettdecken und ein Leichenwagen. Die Synagoge war mit 434 zł verschuldet. Der Nachlass wurde 1933, also nach der Auslösung der Gemeinde im Jahr 1932 und deren Eingemeindung in die jüdischen Gemeinde in Szubin (Schubin) an diese übergegeben. Die bescheidene Ausstattung der Synagoge war eine Konsequenz des in den Jahren 1919-1920 getätigten Verkaufs der liturgischen Geräte an Juden in Łódź. Genannt sei auch der Fakt der illegalen Verpachtung der Wiese und des Garten, die Gemeindebesitz waren, durch einen Juden. Die Jüdische Gemeinde erklärte sich 1929 damit einverstanden, die Synagoge der Stadt zu übergegeben, um darin ein Kinderheim einzurichten. Diese Idee wurde allerdings nicht in die Tat umgesetzt, weil im Gebäude noch eine alte, einsame Jüdin wohnte. 1939 kam die Gemeinde in Szubin (Schubin) auf diese Idee zurück. Der Kriegsausbruch verhinderte allerdings den Verkauf des Gebäudes [1.1]. 1931 waren fünf Gemeindemitglieder im Besitz von 9 Immobilien in der Stadt. Die Jüdische Gemeinde verfügte dabei über eins dieser Gebäude [1.2]. Grund dafür war eine Kalksteingrube in Wapienniki, die sich auf dem Gebiet der Gemeinde befand und dem in Inowrocław (Hohensalza) lebenden Leopold Lewi [1.3] gehörte. 1926 siedelte in Barcin (Bartschen) der assimilierte Jude Stefan Giebocki (Gebotsschreiber) an. Er war Autor der im Jahre 1938 herausgegebenen „Memoiren polnischer Ärzte“ erschienen [1.4]. Er starb während des Krieges. Die letzten Juden verlieβen die Stadt wahrscheinlich vor dem 1. September 1939. Falls sie blieben, wurden sie erschossen oder vertrieben.
Übersetzung: Izabela Tomaszewska
- [1.1] Kawski, Tomasz: Gminy żydowskie pogranicza Wielkopolski, Mazowsza i Pomorza w latach 1918 – 1942, Toruń, 2007, S. 29-30.
- [1.2] [1]Archiwum Państwowe w Bydgoszczy (APB, StaatsarchivBydgoszcz (Bromberg)), Akta miasta Barcin (Akten der Stadt Barcin (Bartschen)), Sign. 7. Dies waren: Markus Markus (4 Stycznia-Str. 10), Jakub Grüning
- [1.3] Kawski, Tomasz: Gminy żydowskie pogranicza Wielkopolski, Mazowsza i Pomorza w latach 1918 – 1942, Toruń, 2007, S. 30.
- [1.4] Krzyś, J. und Cz. Cieślak: Szkice z przeszłości Barcina, Grudziądz 2007.