Am 7. Dezember 2017 wurde im ehemaligen Gebäude der Jeschiwa der Weisen von Lublin in der ul. Lubartowska 85 ein Museum eröffnet, welches der Geschichte dieser Talmud-Schule sowie ihrem Gründer, Rabbi Meir Szapira, gewidmet ist.

Der Protagonist der Ausstellung, der Gelehrte Meir Szapira (1877-1933), stammte aus einer wohlhabenden chassidischen Familie und war ein sozialer Aktivist und Begründer der Daf Jomi – der bis heute angewandten Methode des Talmud-Studiums. Dank seiner langjährigen Bemühungen wurde am 24. Juni 1930 die moderne Jeschiwa-Schule in Lublin eröffnet. Zur Feierlichkeit kamen viele Juden aus ganz Polen – zu diesem Anlass wurde sogar die Anzahl der Zugverbindungen nach Lublin erhöht und es entstanden neue Buslinien im öffentlichen Nahverkehr. Szapira übernahm den Posten des Rektors der Schule, den er bis zu seinem Tode 1933 bekleidete. Er wurde in Lublin beigesetzt. Im Jahre 1958 wurde jedoch sein Leichnam von seiner Familie nach Jerusalem überführt. Zum Grab des herausragenden Gelehrten in Jerusalem kommen immer noch zahlreiche Schüler aus der ganzen Welt. Die Jeschiwa der Weisen von Lublin war bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1939 in Betrieb.

Der Ruhm der Schule in Lublin vor dem Krieg bewirkte, dass sich zahlreiche Institutionen an dem Unterfangen der Gründung des Museums engagierten, darunter auch aus dem Ausland. Die Initiatoren der Museumsgründung waren die Mojżesz-Schorr-Stiftung sowie die Jüdische Glaubensgemeinde in Warschau. Partner des Projekts sind das Museum von Lublin, das Zentrum „Brama Grodzka – Teatr NN“, das Zentrum für Jüdisches Erbe Netanya Academic College sowie das Archiv Ganzach Kiddush Hashem aus Bnej Brak. Der Präsident der Stadt Lublin Krzysztof Żuk sowie der Oberrabbiner von Polen Michael Schudrich haben die Schirmherrschaft übernommen.

Die Eröffnungsfeier des Museums fiel mit dem Ende der Feierlichkeiten zum Jubiläum der Stadt Lublin zusammen. Während der Feierlichkeiten zum 700-jährigen Stadtjubiläum wurde das reiche Erbe der jüdischen Lubliner Gemeinde immer wieder in Erinnerung gerufen. Als Dank für den Beitrag zur Gründung des Jeschiwa-Museums überreichte der Stellvertreter des Stadtpräsidenten Artur Szymczyk die Medaillen des 700. Jubiläums der Stadt Lublin. Die Medaillen wurden an diesem Tag entgegengenommen vom Rabbiner Meir Shapira, einem Neffen 2. Grades des Begründers der Jeschiwa aus Israel, dem Rabbiner Mosze Pinczuk, Direktor des Netanya Academic College, sowie Rachel Yud von Ganzach Kiddush Hashem.

Der Ehrengast der Eröffnungsfeier, ein Nachkomme des Rabbiners Szapira, Meir Shapira,  kam mit seinem Sohn nach Lublin. Bewegt berichtete er darüber,  wie er zeit seines Lebens Geschichten über seinen berühmten Vorfahren und die Schule, die er gründete und die sein Vater besuchte, hörte. Unter den Gästen war auch Roman Litman, der Nestor der Lubliner Gemeinde und Vorsitzender der Zweigstelle des Verbands der Jüdischen Glaubensgemeinden in Lublin.

Mit der Arbeit an dem Konzept und dem Programm der Ausstellung wurde Grażyna Pawlak, Direktorin der Mojżesz-Schorr-Stiftung, beauftragt. Für das architektonische und graphische Design der Ausstellung verantwortlich war Michał Fronk.

Die Initiative der Schöpfer stieß auf das Wohlwollen vieler Menschen. Dank der Kontaktaufnahme mit der israelischen Familie des Rabbiners Szapira konnten viele während der Ausstellung präsentierte Dokumente erworben werden. Das Museum erhielt zudem ein bisher unbekanntes Porträtfoto des Rabbiners. Während der Eröffnungsfeier des Museums hängten Rabbiner Michael Schudrich sowie der Stellvertreter des Stadtpräsidenten Artur Szymczyk das Porträt gemeinsam in einem der Ausstellungsräume auf.

Das Museum erstreckt sich auf die Räume direkt neben der Synagoge, die ehemals als Bibliothek und Lernsäle genutzt wurden, sowie auf das Treppenhaus.  Die Ausstellung wurde in sechs Teile aufgeteilt: „Oś czasu – Żydzi lubelscy” [dt. Zeitleiste - Lubliner Juden], „Życie codzienne jesziwy” [dt. Das Alltagsleben der Jeschiwa], „Bramy do judaizmu” [dt. Tore zum Judaismus], „Meir Szapira. Życie i osiągnięcia rabina” (tzw. „Pokój rabina”) [dt. Meir Szapira. Das Leben und die Errungenschaften des Rabbiners (sog. Das Zimmer des Rabbiners)], „Historia jesziwy na tle historii szkół talmudycznych w Lublinie” [dt. Die Geschichte der Jeschiwa vor dem Hintergrund der Geschichte von Talmud-Schulen in Lublin] sowie „Czytelnia/Archiwum” [dt. Lesesaal/Archiv]. Der Designer Michał Fronk betont, dass er sich während seiner Arbeit an der Ausstellung  insbesondere von der Achtung für die Atmosphäre dieses Ortes hat leiten lassen und den Schwerpunkt auf Raum und Licht fokussiert hat. Die ideologischen Merkmale des Raumes wurden durch die Symbolik des Wortes und der Seiten des Talmuds erreicht. Und so spiegelt die Anordnung der Wände des "Zimmers des Rabbiners" die aufgewickelten Rollen der Tora wieder, der Raum der "Geschichte der Jeschiwa..." erinnert hingegen von der Projektion her an die Anordnung des Textes auf den Seiten des Talmuds.

Die Arbeiten an der Ausstellung dauerten ein halbes Jahr (seit Juni 2017).  Nicht alle Räume wurden realisiert; die Schöpfer der Ausstellung hoffen auf eine baldige Eröffnung des Bildungszentrums "Tore zum Judaismus", einer Quelle des Wissens über den Judaismus. Langfristig soll es dort Hilfsmaterialien für Lehrer zur selbstständigen Unterrichtsvorbereitung für Schüler geben. Nach dem Vorbild der reichen Bibliothek der Jeschiwa aus der Vorkriegszeit, soll sich der Raum "Lesesaal/Archiv" mit Büchern füllen. Mit unter sollen dort Presse aus der Vorkriegszeit sowie Publikationen zur Geschichte der Jeschiwa vorzufinden sein.

Das Museum der Jeschiwa der Weisen von Lublin ist bereits für Besucher geöffnet. Die Eintrittskarten kosten 10 PLN.

 Agata Korba

Lesen Sie mehr über die Geschichte der Jeschiwa der Weisen von Lublin sowie das Schulgebäude.

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