Dank der Freundlichkeit der Facebook-Seite „Kierunkowy 22” (https://www.facebook.com/Kierunkowy22), welche sich mit der Erforschung der Geschichte Warschaus beschäftigt sowie der Einwilligung von Frau Irina Hynes und des Autors selbst, stellen wir Ihnen bislang unveröffentlichte und einzigartige Fotografien vor, die das Gelände darstellen, auf dem sich heute das Museum Polin befindet. Die Bilder stammen aus der Zeit nach dem Krieg, als das neue Stadtviertel Muranów auf den Trümmern des nördlichen jüdischen Viertels gebaut wurde.

Autor der außergewöhnlichen und farbigen (!) Bilder ist Frank Scherb, der in Warschau während der 4. Generalversammlung des Committee on Space Research (COSPAR), vom 4. bis 10. Juni 1963, verweilte. Seine freie Zeit nutzte er, um sich nach Muranów aufzumachen, wo ihn die für das damalige Warschau typischen Kontraste zwischen dem Neuen und dem Zerstörten faszinierten. Während seiner Wanderungen machte er auch einige Aufnahmen vom Gelände, auf dem sich heute das Museum POLIN befindet und wo damals die immer noch monumentale Ruine der Wolhynischen Kasernen stand.

Die Wolhynischen Kasernen, auch Kasernen der berittenen Artillerie genannt, die zu Anfang in der ul. Dzika (Hyp.-Nr. 2317) und später in der ul. Zamenhofa 19 beherbergt waren, entstanden in den Jahren 1784-1792 nach einem Entwurf von Stanisław Zawadzki. Die Kasernen wurden für das Regiment der berittenen Artillerie und den königlichen Ingenieurkorps errichtet. Unter russischer Herrschaft stationierte hier das Regiment der 1. Wolhynischen Garde. In der Zwischenkriegszeit hingegen befand sich hier ein Militärgefängnis. Im Zweiten Weltkrieg, als in Warschau das Ghetto errichtet wurde, hatte auch der Judenrat seinen Sitz an diesem Ort. Das Gebäude überstand die Zerstörung Warschaus als ausgebrannte Ruine, die sich aber zur Rekonstruktion eignete. Trotz des relativ guten Zustands wurde es aber im Jahre 1965 abgerissen.

Nach dem Krieg wurden erste Pläne über die Errichtung eines jüdischen Museums in den restaurierten Kasernen verlautbart. Die Lage des Gebäudes hatte Einfluss auf die Lokalisierung beider Ghetto-Ehrenmäler, vor allem des 1948 errichteten Denkmals nach den Entwürfen von Natan Rapaport (Skulptur) und Leon Siuzin (architektonisches Konzept).

Interessant ist hierbei, dass die Trümmer der niedergerissenen Kasernen später u. a. zur Füllung des bis heute existierenden Hügels am Museums (von der ul. Karmelicka aus) genutzt wurden. Noch in den 80er Jahren war der Hügel höher, die weitreichende Grünanlage um den Hügel hingegen wurde von den Einwohnern des Viertels als „psisko” bezeichnet.

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