In historischen Quellen finden sich Informationen, die andeuten, dass Juden sich bereits Anfang des 15. Jahrhunderts in Warschau aufhielten. Im Czersker Buch befindet sich unter dem Jahr 1414 die Angabe über einen jüdischen Einwohner Warschaus - Lazar, einen Juden aus Warschau (lat. Judeo de Varschovia). Aus den Stadtbüchern hingegen erfahren wir, dass im Jahre 1421 in Warschau 10 Juden lebten.
Sicher ist, dass die Juden im Alten Warschau in der Żydowska-Straße lebten (heute Rycerska-Straße). Dort befanden sich eine Synagoge sowie ein rituelles Tauchbad. Hinter den Stadtmauern, in der Nähe der Krakauer Vorstadt (poln. Krakowskie Przedmieście), lag wahrscheinlich der Friedhof. Die jüdische Gemeinschaft war nicht groß, dafür aber gut organisiert. Auf dem Gebiet des Neuen Warschau ist die Anwesenheit von jüdischen Einwohnern seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts belegt.
Mitte des 15. Jahrhunderts fiel die Zahl der Juden, die innerhalb der Stadtmauern Warschaus lebten. In der Vergangenheit waren viele Forscher der Ansicht, dass der Grund hierfür in den Verfolgungen lag. Sicher ist auch, dass im Jahre 1483 die Bürger eine Handelsbeschränkung für Juden beim masowischen Fürsten einforderten. Laut einigen früheren Veröffentlichungen soll es im gleichen Jahr sogar zur Vertreibung der Juden aus der Stadt gekommen sein. Doch zeitgenössische Forscher fanden bislang keine eindeutigen Quellen, die diese Behauptungen beweisen würden.
Im Jahre 1527 wurde Masowien von der Krone einverleibt, Warschau erhielt von Sigismund I. eine Bestätigung des Privilegs de non tolerandis Judaeis. Das Privileg für das Alte und Neue Warschau sowie ihre Vorstädte wurde auch von weiteren Königen bestätigt - Sigismund August im Jahre 1570, Stephan Bátory im Jahre 1580 und Johann III. Sobieski 1693.
Nur vereinzelten Personen wurden die Ansiedlung sowie wirtschaftliche Tätigkeit in der Stadt erlaubt. Beispielsweise erlaubte Sigismund August seinem Zöllner Moyse mitsamt Familie den Aufenthalt in Warschau. Unter der Herrschaft des letzten Jagiellonen wurde das Privileg um die Bestimmung ergänzt, dass Juden auch während der Sejm-Sitzungen in Warschau verweilen und handeln durften. Dafür mussten sie die sog. sejmowe-Gebühr entrichten. Im Jahre 1580 wurde es Juden, die für die Republik arbeiteten, also u. a. Steuereintreibern und Zöllnern, gestattet, sich in der Stadt niederzulassen. Über diese ganze Zeit hinweg war aber die Ansiedlung der Juden eingeschränkt. Der Stadtrat erließ wiederum ein Mietverbot für Juden, die nach Warschau kamen.
Schrittweise begannen Juden sich dennoch auf den Gebieten, die zum Adel und zum Klerus gehörten und sich innerhalb der Grenzen Warschaus befanden, wie bspw. Aleksandria, Grzybów, Nowa Jerozolima, Marywil oder Pociejów, anzusiedeln. Unter der Herrschaft von Stanislaus II. August Poniatowski stieg die Zahl der Juden, die in den Grenzen Warschaus lebten. Im Jahre 1765 lebten bereits ca. 2500 Juden in der Stadt, 1788 hingegen waren es bereits 3500. Um nach Warschau zu kommen, mussten Juden eine Gebühr, sie sog. Kartensteuer, entrichten.
Wir wissen nicht sehr viel über die Organisationsstrukturen der jüdischen Gemeinschaft zur damaligen Zeit. Die Gemeinschaft wählte Senioren aus ihren eigenen Reihen (lat. Seniores Judaeorum), die u. a. die Gemeinschaft vor den Behörden repräsentieren sollten. Das Amt der Senioren wurde später in das der Syndizi umgewandelt. Die Warschauer Juden beschäftigten sich mit Handel, Handwerk und Finanzen. Die vielen Armen versuchten auf jede Art und Weise Geld zu verdienen, u. a. mit dem Handel von Altwaren, Haustürgeschäften, Musik oder der Dienerschaft.
Im Jahre 1775 wurde Juden gewährt, Handel zu treiben, sich im Stadtteil Praga niederzulassen sowie Gewinne aus dem Handel mit Alkohol zu erwirtschaften, die sog. Propination. Anfangs lebten in Praga laut den Registern rund 70 Juden. Im Jahre 1780 wurde auf Initiative von Szmul Zbytkower die Errichtung eines jüdischen Friedhofs beschlossen. Um diese Zeit entstand auch die erste Synagoge in der damaligen Szeroka-Straße. Im Umbruch des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelte sich Praga zum Zentrum des jüdischen Lebens. Ein wichtiges Ereignis für die jüdische Gemeinschaft in Warschau war der Kościuszko-Aufstand im Jahre 1794. Die Warschauer Juden nahmen an diesem Aufstand nämlich teil. Es entstand ein jüdisches Regiment unter der Führung von Berek Joselewicz. Nach der Niederlage der Aufständischen litt auch die Prager Bevölkerung unter den zahlreichen Morden der russischen Streitkräfte an der Zivilbevölkerung, was in die Geschichte als „Gemetzel von Praga” einging. Trotz zahlreicher Opfer bei diesem Massaker, zählte die jüdische Gemeinschaft zur Jahrhundertwende rund 1500 Menschen. Auf der anderen Seite der Weichsel lebten zu dieser Zeit hingegen rund 5000 Juden.
Nach der dritten Teilung Polens 1795 befand sich Warschau nunmehr in den Grenzen Preußens. In der Stadt galt ab da das preußische Recht. Dies bedeutete u. a., dass das Siedlungsverbot in der Stadt aufgehoben wurde. Die preußische Verwaltung erließ ferner eine Verordnung, nach der Juden Nachnamen vergeben worden sind. Der Beamte, der für die Vergabe der Nachnamen zuständig war, hieß Ernest Theodor Amadeus Hoffmann (1776-1822) - ein deutscher Schriftsteller, Komponist und Zeichner, der in Warschau in den Jahren 1804-1806 verweilte.
Im Jahre 1799 erhielten die Juden die Genehmigung, eine Gemeinde zu gründen. In dieser Zeit lebten in Warschau 9200 Juden, die ca. 10 % der Stadtbevölkerung ausmachten. Trotz der Verordnung der preußischen Behörden, versuchte das Warschauer Magistrat, die Zahl der Juden stetig einzuschränken. Anfangs befand sich der Hauptsitz der Gemeinde in einer Privatwohnung. Ihre Leitung übernahmen in erster Linie Mitnagdim. Im Jahre 1802 entstand eine progressive Synagoge in der Daniłowiczowska-Straße, vier Jahre später wiederum erhielt die Gemeinde die Genehmigung, einen Friedhof in der Nähe der heutigen Okopowa-Straße zu errichten. Das Amt des Rabbiners war eine Ehrenaufgabe und wurde ehrenamtlich ausgeübt. Im Jahre 1810 betrug die Zahl der in Warschau lebenden Juden rund 18 Tsd., was insgesamt 18 % der Stadtbevölkerung war.
Zu den wichtigeren Ereignissen aus dem Leben der Warschauer Juden gehörte auch die Errichtung des ersten jüdischen Krankenhauses im Jahre 1799. Doch schnell stellte sich heraus, dass es zu klein war für die stetig wachsende jüdische Gemeinschaft. Das Krankenhaus wurde einige Male verlegt bis es endgültig in der Pokorna-Straße Ecke Inflancka-Straße seinen Platz fand. Die ersten Patienten wurden dorthin bereits 1833 verlegt, wenngleich die Bauarbeiten erst im Jahre 1837 beendet wurden. Im Krankenhausgebäude befanden sich zudem eine Apotheke, eine Kantine sowie eine Synagoge.
Zu Zeiten des Herzogtums Warschau änderten sich die Lebensbedingungen der Warschauer Juden. Das Magistrat setzte einen Syndikus für die jüdische Bevölkerung ein, womit es die Verwaltung der Gemeinde nicht mehr anerkannte. Erst 1808 wurde die Gemeinde von den Behörden anerkannt. Am 16. März 1809 erließ Friedrich August ein Dekret, auf Grundlage dessen die Ansiedlung von Juden geregelt wurde. Es wurden sog. Reviere in den weniger repräsentativen Teilen der Stadt gegründet - in Wola, Powiśle, Praga und Powązki. Dorthin mussten alle Juden hinziehen. Das Dekret umfasste aber nicht alle jüdischen Bürger. Das Gesetz galt bis 1862.
Nachdem im Jahre 1815 das Königreich Polen gegründet worden war, wurden alle Gemeinden aufgelöst. An ihrer Stelle wurde 1821 die Institution der Synagogenaufsicht gegründet. Die Synagogenaufsicht befasste sich vor allem mit religiösen Angelegenheiten und karitativen Initiativen und beaufsichtige die religiöse Bildung an öffentlichen und privaten Schulen. Die Synagogenaufsicht in Warschau setzte sich zusammen aus drei Rabbinern und drei weiteren Mitgliedern. Sie wurde für drei Jahre von volljährigen Familienvätern gewählt. Die Wahlordnung wurde aber einige Male geändert. Im Jahre 1830 wurden nach einem Rundschreiben des Regierungsrates ärmere Personen, die keine Steuern für die jüdische Gemeinde entrichteten, aus der stimmberechtigten Wählerschaft ausgeschlossen.
Salomon Zalman Lipszyc, der ab 1819 Rabbiner in Praga war, wurde 1821 zum Oberrabbiner Warschaus gewählt. Bis zu seinem Tode 1839 hatte er dieses Amt inne. In der Zwischenzeit vergrößerte sich die Warschauer Gemeinde um die Gemeinde von Praga. Ein sehr wichtiges Ereignis in dieser Zeit war die 1826 ins Leben gerufene Rabbinerschule. Die Schüler der Rabbinerschule gehörten zur Schicht der jüdischen Intellektuellen, die mit der assimilatorischen Bewegung verbunden war. Oftmals übernahmen sie Lehrerposten an jüdischen Schulen. Die Rabbinerschule setzte sich für eine patriotische Grundhaltung ein. Orthodoxe Juden hingegen übten scharfe Kritik an der Schule. Die Schule wurde 1863 geschlossen.
Als 1830 der Novemberaufstand begann, beschlossen die progressiven Juden, am Kampf teilzunehmen. Es entstand die Idee eines eigenständigen jüdischen Regiments, wenngleich die Anführer des Aufstandes, u. a. Józef Chłopicki, sich dieser Idee widersetzten. Auch auf jüdischer Seite gab es Personen, die diese Idee anzweifelten. Es wurden Stimmen laut, dass dies ein Beweis für die Abgrenzung der Juden sei. Deswegen forderten Skeptiker, dass Juden in den bereits formierten Regimenten rekrutiert werden sollten. Die Anführer des Aufstandes beschlossen, dass in der Nationalgarde nur wohlhabende Juden eintreten konnten, die ferner die polnische, französische oder deutsche Sprache beherrschten und die ihre Bärte abrasieren würden. Schätzungen zufolge wurden ca. 400 Juden Teil der Nationalgarde. Doch vor allem die Voraussetzung, den Bart abzurasieren, wurde sehr kritisch von konservativen Kreisen aufgenommen, darunter auch vom Rabbiner Salomon Zalman Lipszyc. Letztendlich entfernte die Führung des Aufstandes diese Bedingung. Am 28. Februar 1831 gründeten die Juden die Jüdische Stadtgarde. Sie zählte am Anfang 1268 Juden. Ferner entstand die über 1000 Mann zählende jüdische Sicherheitswache, deren Rekruten weitestgehend aus ärmeren Bevölkerungsschichten stammten. Die Mitglieder der Sicherheitswache hatten keine Uniformen, ihre Waffen hingegen waren Sensen und Piken. Die wohlhabenden Juden wiederum stifteten ein Krankenhaus für die Aufständischen.
Nach dem Aufstand kehrte das Leben der Warschauer Juden zurück zum Alltag. Die Synagogenaufsicht erhielt vom Magistrat der Stadt Warschau einen eigenen Sitz. In dieser Zeit setzte sich das Warschauer Rabbinat bereits aus einem Ober- und fünf Bezirksrabbinern zusammen. Im Jahre 1840 nahm im Rabbinat der erste Chassid seine Arbeit auf - Icchak Meir Alter, Zaddik aus Góra Kalwaria. In Praga entstand zu dieser Zeit eine runde Synagoge, auf der anderen Weichselseite hingegen stiftete der Kaufmann Natan Zeligson eine zweite progressive Synagoge, die sog. polnische Synagoge. In ihren Gemäuern hielt der Rabbiner Izaak Kramsztyk seine Predigten auf Polnisch. Ab 1856 begann auch Markus Jastrow seine Predigten in der ersten Synagoge auf Polnisch zu halten. Mitte des 19. Jahrhunderts stiegen die assimilatorischen Tendenzen unter den jüdischen Einwohnern Warschaus. Im Jahre 1856 wurde Dow Ber Meisels, der diese Tendenzen befürwortete, zum Rabbiner Warschaus gewählt. In der ganzen Stadt gab es zur damaligen Zeit 142 Synagogen.
Im Jahre 1859 kam es zum sog. jüdisch-polnischen Krieg. Er begann durch einen unbegründeten Angriff auf die jüdische Gemeinschaft in der Presse. Die assimilatorischen Kreise übten heftige Kritik und widersetzten sich diesem Vorgehen auch in der Presse. Diesen „Krieg” beendete der Bankier Leopold Kronenberg, der die „Gazeta Codzienna“ erwarb und Ignacy Kraszewski zum Chefredakteur ernannte. Die Zeitung wurde zum Presseorgan der Befürworter der Assimilation und der jüdisch-polnischen Verständigung. Kurz darauf brach eine Zeit der „jüdisch-polnischen Idylle“ aus. Der Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts war eine Zeit politischer Manifeste und Unabhängigkeitserklärungen. Am 27. Februar 1861 kam es zu einer patriotischen Manifestation, an der sowohl Polen als auch Juden teilnahmen. Es kam währenddessen aber zu Unruhen infolge der russische Soldaten fünf Polen erschossen. Die Beerdigung der „fünf Gefallenen“ (2. März 1861) verwandelte sich rasch in eine jüdisch-polnische Demonstration. An ihr nahmen der Oberrabbiner Dow Ber Meisels sowie Markus Jastrow und Izaak Kramsztyk teil. Bei der folgenden Manifestation kam Michał Landy, ein Schüler der Rabbinerschule um. Zuvor nahm er das Kreuz, des an vorderster Front schreitenden Mönchs, der verletzt wurde, entgegen.
Im Herbst 1861 führten die russischen Behörden das Kriegsrecht ein. Alle Manifestationen wurden verboten. Deswegen schritt auch das Militär während der feierlichen Gottesdienste zum Gedenken an Tadeusz Kościuszko ein. Insgesamt wurden 3000 Menschen in der Kathedrale sowie der Bernhardinerkirche festgenommen. Als Zeichen des Protests wurden alle katholischen Kirchen von den Priestern geschlossen. Diesem Protest schlossen sich auch die Protestanten an. Auch der Oberrabbiner Warschaus Meisels ordnete die Schließung aller Gebetshäuser und Synagogen an. Meisels wurde zusammen mit Markus Jastrow, Izaak Kramsztyk und Mojżesz Feinkind verhaftet und in der Zitadelle inhaftiert. Als ein Untertan Österreichs wurde der Oberrabbiner des Landes verwiesen. Im September 1862 wurde ihm aber wieder gewährt, nach Warschau zurückzukehren und sein Amt fortzuführen. Seine Beerdigung im Jahre 1870 war der letzte Akt der jüdisch-polnischen Verbrüderung.
Im Jahre 1862 erhielten Juden im Königreich Polen, nach der Verordnung von Aleksander Wielopolski, die Bürgerrechte. Die bisherigen Einschränkungen für die Ansiedlung und den Erwerb von Grundstücken sowie die sog. Kartensteuer wurden abgeschafft. Im Jahre 1864 lebten in der Stadt 72 Tsd. Juden, womit sie 33% der Stadtbevölkerung stellten.
Die Warschauer Juden nahmen rege am Januaraufstand 1863 teil. Es wurden Sanitärpunkte eingerichtet sowie Hilfe für jüdische Familien organisiert. Die Synagogenaufsicht hingegen stellte sich offiziell nicht auf die Seite der Aufständischen.
Nach 1862 wurde Warschau zu einer offenen Stadt, vor allem für neue Bewohner, die aus den kleinen Ortschaften des Königreichs kamen. Unter ihnen waren viele Chassidim. Infolgedessen vergrößerte sich die chassidische Gemeinschaft sehr schnell. Im Jahre 1870 waren offiziell 60 Stuben in Betrieb, 10 Jahre später stieg diese Zahl mitsamt den Minjan-Gebetsgemeinschaften auf 300. Allein in der Franciszkańska-Straße existierten 7 Stuben, in der Anhänger der Höfe aus Góra Kalwaria, Warka, Kock, Radzymin, Biała, Nowe Miasto und Turzysko sich versammelten. Schätzungen zufolge waren in Warschau zwei Drittel aller Juden Chassidim.
Die geistliche Leitung über die Warschauer Chassidim hatte Icchak Meir Alter inne - der Begründer der Dynastie aus Góra Kalwaria (bekannt als Gerer Rebe). Dank seines Charismas konnte er Kontakte nicht nur zu Chassidim, aber auch Juden aus anderen Kreisen knüpfen. Er arbeitete mit Rabbinern zusammen, die von den Mitnagdim abstammten, aber auch unter jüdischen Aufklärern hatte er Freunde. Seine Handlungen haben zweifelsfrei dazu beigetragen, dass der Chassidismus an Beliebtheit nicht nur in Warschau, aber im ganzen Königreich Polen gewann. Der Zaddik aus Góra Kalwaria schenkte seinen Chassidim viel Aufmerksamkeit. Dank ihm entstand ein ganzes Netz an chassidischen Gebetshäusern, Glaubensschulen, Jeschiwot und Midraschim. Der Zaddik war Befürworter des Januaraufstands und sympathisierte mit den polnischen Aufständischen.
Ab 1863 hatte die jüdische Gemeinde mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen. Nachdem die koschere Steuer abgeschafft wurde, verlor sie eine wichtige Finanzierungsquelle. Der enorme Bevölkerungszuwachs, im großen Teil waren es weniger wohlhabende Menschen, erforderte wiederum zusätzliche Ausgaben. Ab 1871 hatten nur die Personen das Wahlrecht, die jährlich 15 Rubel Gemeindesteuer entrichteten. Statt der Synagogenaufsicht entstand die Gemeindeverwaltung. In der Warschauer Gemeinde nahmen Anhänger der assimilatorischen Bewegung eine zentrale Rolle ein. Die Orthodoxen in der Gemeinde beschäftigten sich mit der Verwaltung der koscheren Schlachtung (die Schechita), der Glaubensschulen sowie des Friedhofs. In den Jahren 1871-1896 war Ludwig Natanson Vorsitzender der Gemeinde. Ihm gelang es nicht nur, das Budget der Gemeinde zu reparieren, aber auch einige Investitionen in Warschau einzuleiten. Natanson reformierte ferner den Vorstand der Warschauer Gemeinde. Es entstanden 6 Abteilungen: eine Abteilung für den Allgemeinen Dienst, für Finanzwesen, Gemeindebeiträge, Bestattungs- und Friedhofsdienste, Gemeindeschulen und Wohltätigkeit. Das Warschauer Rabbinat wiederum setzte sich aus dem Oberrabbiner, 11 Rabbinern sowie fünf ehrenamtlichen Geistlichen zusammen. In den Jahren 1870-1873 war Jakub Gesundheit Oberrabbiner. Nach seiner Amtsniederlegung hatte jeder der Rabbiner dieses Amt für 2 Jahre inne. Die endgültige Integration der Prager und Warschauer Gemeinde erfolgte 1871. Zu dieser Zeit wurden viele Investitionen in Praga realisiert. Es wurden ein Begräbnishaus sowie ein rituelles Tauchbad (die Mikwe) errichtet. Darüber hinaus wurden andere Einrichtungen renoviert. Auf der anderen Seite der Weichsel wiederum stifteten die Familien Berson und Bauman im Jahre 1876 ein Krankenhaus für jüdische Kinder. Im Jahre 1878 wurde die Große Synagoge in der Tłomackie-Straße erbaut.
In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts kam erneut eine große Welle Immigranten nach Warschau. Es waren Juden, die vor Repressionen in den Siedlungszonen des Russischen Imperiums geflohen sind. Sie wurden „Litvaken“ genannt. Die Neuankömmlinge bildeten gesonderte und geschlossene Gemeinschaften. Sie beherrschten oftmals nicht die polnische Sprache, sprachen nur Russisch oder litauischen Jiddisch, was die Integration erschwerte. Darüber hinaus unterschieden sie sich auch in ihren Traditionen. Von der hiesigen Bevölkerung wurden sie der Russifizierung bezichtigt. Ferner waren sie eine Konkurrenz im Handels- und Handwerkswesen.
Um das Jahr 1892 wurde das neue Gebäude der Gemeinde in der Grzybowska-Straße 26/28 erbaut. Vier Jahre später verstarb Ludwik Natanson. Sein Nachfolger war Michał Bergson, der die Fertigstellung des neuen Krankenhauses im Stadtteil Czyste beaufsichtigte. Das jüdische Krankenhaus entstand in der Dworska-Straße im Jahre 1902. Es wurde für 1174 Betten entworfen. Das Gebäude beinhaltete moderne Stationen: für Chirurgie, Augenheilkunde, Gynäkologie, Lungenerkrankungen, Laryngologie, Erkrankungen der inneren Organe, Haut- und Geschlechtserkrankungen. Für zwei weitere Stationen - infektiöse und geistige Erkrankungen - wurde ein Pavillon vor dem Hauptgebäude errichtet.
Die Gemeindeverwaltung achtete auf die Entwicklung des Schulwesens sowie die Betreuung von Kindern. So entstanden Handwerksbetriebe für Jungen, später auch für Mädchen, die später in die Bauman-Berufsschule umgewandelt wurden. Im Jahre 1896 begann die Gemeinde darüber hinaus Kindertagesstätten, ab 1902 auch Kinderheime zu eröffnen, die Kinder für die Schule vorbereiten sollten. Im Jahre 1908 hingegen entstand an der Schulabteilung der Gemeinde die Sektion für Jugendliche im schulpflichtigen Alter. Sechs Jahre später verfügte die jüdische Gemeinde bereits über 50 Bildungseinrichtungen.
Warschau war vom Beginn des 19. Jahrhunderts ein wichtiges jüdisches Kulturzentrum. Bereits 1814 entstand in der Żabia-Straße die erste Druckerei von Hersz Nahasowicz und Joel Lebensohn. Mitte des 19. Jahrhunderts waren schon 33 Druckereien in Betrieb, 13 davon gaben Bücher in hebräischer Sprache heraus. Die jüdischen Drucker, u. a. Jan Glücksberg oder Samuel Orgelbrand, stiegen auch schnell zu den wichtigsten Herausgebern polnischer Bücher auf. Orgelbrand ging als Herausgeber der ersten polnischen Enzyklopädie in die Geschichte ein.
Auch die jüdische Presse entwickelte sich in Warschau. Die erste jüdisch-polnische Zeitung war das Wochenblatt „Der Beobachter an der Weichsel / Dostrzegacz Nadwiślański“ (1823-1824), der von Antoni Eisenbaum redigiert wurde. Die Assimilatoren gaben 1830 und 1831 die Zeitung „Izraelita Polski“ heraus. Zu Zeiten der zahlreichen patriotischen Manifestationen und der jüdisch-polnischen Verbrüderung erschien auf Polnisch die Wochenzeitschrift „Tygodnik dla Izraelitów - Jutrzenka“. Im Jahre 1867 hingegen erschien unter der Leitung von Hilary Gladsztern die Zeitschrift „Varshoyer Yidishe Tsaytung“, die die erste Pressepublikation in Jiddisch war. Insgesamt erschienen von ihr 50 Ausgaben. Am längsten wurde die polnische Wochenzeitschrift von Samuel Cwi Peltyn „Izraelita“ herausgegeben. Ein wichtiger hebräischer Titel war hingegen die „Ha-Tsefira“ von Chaim Zelig Słonimski, der mit Unterbrechungen zwischen 1862 und 1931 herausgegeben wurde. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die erste Tageszeitschrift in Jiddisch herausgegeben. Es handelte sich hierbei um „Der Veg“ von Cwi Pryłucki. Seit 1907 redigierte Pryłucki zusammen mit Mordechaj Spektor ein weiteres Tagesblatt - „Unzer Leben“. Ein Jahr später erschien wiederum die erste Ausgabe des wichtigsten Tagesblattes in Jiddisch „Haynt“, welches bis September 1939 veröffentlicht wurde. Eine zweite wichtige Tageszeitung war „Der Moment“, der von 1910 bis 1939 erschien. Bereits im unabhängigen Polen entstand die polnischsprachige Zeitung „Nasz Przegląd“ mit dem „Mały Przegląd“, einer Beilage für Kinder, die von Janusz Korczak redigiert wurde.
In den 30er des 19. Jahrhunderts wurde in Warschau das erste jüdische Theater eröffnet. Die ersten Spektakel wurden im Tanzsaal „Unter den drei Neger“ in der Ogrodowa-Straße 2, später am Muranowski-Platz aufgeführt. Die Stücke wurden in der Tradition der Purimspiele gehalten und behandelten biblische Themen. Das erste Gebäude des jüdischen Theaters entstand 1868 am Muranowski-Platz. Dort wurden biblische Stücke sowie Arien aus Opern und Operetten aufgeführt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen zahlreiche Schauspieltruppen nach Warschau. Im Jahre 1885 kam wahrscheinlich die zu dieser Zeit bekannteste Gruppe von Abraham Goldfaden. Ihr Stück Shulamis erfreute sich sehr großer Beliebtheit. Angeblich soll es auf der Gartenbühne über 150-mal gespielt worden sein. Im Russischen Reich war zu dieser Zeit Theater in Jiddisch verboten. Die Schauspieler taten also so, als ob sie auf Deutsch auftreten würden. Eine dynamische Entwicklung erlebte das Theater aber erst nach 1906, als die Behörden die Zensur lockerten. Dies wurde ebenfalls von der Entwicklung der Literatur beeinflusst. Zu dieser Zeit schufen in Warschau solche Persönlichkeiten wie Jizchok Leib Perez, Jakub Dinezon, Schalom Asch und andere.
Warschau wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem großen Zentrum der jüdischen Kultur. Hier spielte das Theater von Abraham Kamiński, welches nach Auftritten im Theater Bagatela, Elizeum und Jardin d‘Hiver im Jahre 1913 seinen eigenen Sitz in der Oboźna-Straße besaß. Auf seiner Bühne trat Ester Rachel Kamińska auf, die als „Mutter des jüdischen Theaters“ bezeichnet wurde. Im Laufe der Zeit gab es immer mehr jüdische Theater, im Jahre 1925 waren es bereits neun. In Warschau fand auch die Uraufführung des Stücks Dibbuk (jid. Der Dibuk) on Sz. An-ski in der Ausführung der Avantgarde-Gruppe Trupa Wileńska statt. Diese Gruppe feierte Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts große Erfolge mit den Spektakeln Kidush ha-Shem von Schalom Asch sowie Bay nakht oyfn altn markt (dt. Nachts auf dem alten Markt) von Jizchok Leib Perez. Weitere wichtige Theatergruppen waren das Varshever Yidisher Kunst Teater, welches von Ida Kamińska im Jahre 1924 gegründet wurde sowie das Jung Teater von Michał Weichert, das in den Jahren 1933-1937 auftrat. In Warschau gab es auch viele Volksbühnen, wo Revuen und Kabaretts aufgeführt wurden. Zu den wichtigsten Kabaretts gehörten Azazel von Dawid Herman sowie das aus Łódź stammende Ararat von Mojżesz Broderson. Großer Beliebtheit erfreuten sich die Revuetheater Sambation sowie Yidishe Bande. Dabei darf aber auch nicht vergessen werden, welch großen Beitrag die Warschauer Juden zur Entwicklung des polnischen Theaterwesens, Kabaretts oder Kinos leisteten. Künstler wie Julian Tuwim, Marian Hemar oder Konrad Tom schrieben Texte für die bekanntesten Warschauer Kabaretts der Zwischenkriegszeit, wie Qui pro quo, Cyrulik Warszawski oder Banda.
Noch zur Zeit des Ersten Weltkrieges gründeten die jüdischen Schriftsteller und Journalisten (die sowohl in Jiddisch, Hebräisch als auch Polnisch veröffentlichten) in Warschau den Verband der Jüdischen Schriftsteller und Journalisten. Der Verband hatte seinen Sitz in der Tłomackie-Straße 13 (in den Jahren 1914-1916 unter der Nummer 11). Es war ein Ort für Ausstellungen, Lesungen und Treffen von Künstlern (Schriftstellern, Malern, Schauspielern) aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt.
Im Jahre 1904 schenkte der herausragende Bankier und Sammler Mathias Bersohn der jüdischen Gemeinde seine Sammlung an Judaika. Sie wurden zur Grundlage des 1910 eröffneten Museums für Jüdische Antiquitäten, welches sich in der Grzybowska-Straße 26/28 befand.
Die jüdische Gemeinde wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem Konfliktherd zwischen ideologischen und politischen Gruppierungen. Im Jahre 1912 gelang es der Koalition von Assimilatoren und Mitnagdim nur knapp die Zionisten von Nachum Sokołow, die sich mit den Chassidim verbündeten, bei der Wahl zu schlagen. Während des Ersten Weltkrieges fanden keine Wahlen statt, weswegen die 1912 begonnene Amtsperiode unbefristet verlängert wurde. Die Jahre des Ersten Weltkriegs waren eine Zeit, in der die Gemeinde ihre sozialen Aktivitäten erweitern musste. An der Abteilung für Wohltätigkeit entstand die Sektion für die Unterstützung von armen Familien, später auch eine Sektion für arme Mütter und ihre Kinder. Ferner waren das jüdische Sanitärkomitee sowie der Verband zur Unterstützung der jüdischen Kriegsopfer in der Stadt tätig.
Die folgenden Gemeindewahlen wurden für das Jahr 1918 ausgeschrieben. Die Wahl wurde zwar abgesagt, aber den einzelnen Parteien wurde daraufhin vorgeschlagen, ihre Vertreter in die Gemeindeverwaltung mit aufzunehmen. Die Vertreter der zionistischen Partei sowie der Mizrachi waren mit solch einer Lösung nicht einverstanden. Die Mitglieder der Aguda stimmten zwar zu, aber nur unter der Bedingung, dass die Wahlen schnell nachgeholt werden würden. Zum Vorsitzenden der Gemeinde wurde damals Majer Rundstein gewählt.
Innerhalb der jüdischen Gemeinschaft kam es stetig zu unterschiedlichen Konflikten. Die Gemeinschaft war geteilt, nicht nur politisch, sondern auch religiös. Zu den größeren religiösen Konflikten in der Zwischenkriegszeit könnte der Streit um den Rabbiner Samuel Poznański gezählt werden. Poznański war seit 1908 der Rabbiner in der Großen Synagoge. Die Gemeinschaft der reformierten Juden forderte 1921 die Ernennung Poznańskis zum Rabbiner von Warschau. Gegen diese Forderung waren wiederum die Chassidim, die den Zaddik aus Góra Kalwaria unterstützten. Obwohl in der Nominierung festgelegt wurde, dass Poznański sein Amt nur für die Bekenner des reformierten Judaismus ausüben würde, kam es vor dem Sitz der Gemeinde zu Ausschreitungen. Weitere Unruhen kam auf, als die Gemeinde ein Grundstück für den Bau eines jüdischen Studentenwohnheims zur Verfügung stellte. Das Studentenheim entstand zwar dank der Gelder von sozialen Einrichtungen im Jahre 1926, aber auf einem anderen Grundstück. Es war für 300 Studenten ausgelegt. Seit 1928 war der bekannte Historiker Ignacy Schiper Direktor des Wohnheims.
Im Jahre 1923 übernahm Mojżesz Schorr den Posten des Rabbiners der reformierten Juden. Im gleichen Jahr wurde Sebastian (Szapseł) Bregman zum Gemeindevorsitzenden gewählt. Die Leitung der jüdischen Gemeinde setzte sich damals aus einem 50-köpfigen Rat und einem Vorsitz aus 15 Personen zusammen. Das Warschauer Rabbinat bestand damals schon aus 21 Rabbinern.
Bei den Wahlen zum Gemeinderat im Jahre 1926 gewann die Aguda. Die Zionisten verloren aber nur knapp. Zum Ratsvorsitzenden wurde Eliasz Kirszenbaum von der Aguda gewählt, an der Spitze des Vorstands stand hingegen Joszua Farbstein, ein Vertreter der Mizrachi. Im Jahre 1929 zog sich der Bund aus dem öffentlichen Leben zurück. Grund hierfür war die Verweigerung von Subventionen für die Jüdische Zentrale Schulorganisation (Tsentrale Yidishe Shul Organizatsye, TsYShO). Der Bund warf der Gemeinde seit längerer Zeit vor, dass die Bedürfnisse von nicht gläubigen Personen missachtet werden würden. Unter der Aguda würden laut den Bundisten die Gelder dann nur für religiöse Organisationen verwendet werden. Die Folkisten hingegen protestierten gegen die hohen Löhne der Rabbiner und die Spenden für den Palästina-Fonds.
Bei der Wahl 1931 gewannen jedoch erneut die orthodoxen Gruppierungen. Die Bundisten nahmen an ihr nicht mehr teil. Im Rat saßen 19 Mitglieder der Aguda, 5 Mitglieder sonstiger orthodoxer Parteien, 12 Zionisten und 6 Mitglieder von Gruppierungen, die ihnen nahe standen. Zum Vorsitzenden wurde Jakub Trokenheim gewählt, den Vorstand leitete Eliasz Mazur. An der Spitze aller Abteilungen der Gemeinde standen Orthodoxe. Während dieser Amtsperiode kam es oftmals zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Aus diesem Grund wurden auch viele wichtige Angelegenheiten vernachlässigt. Es kam auch dazu, dass 1934 die Sitzung des Rates, bei der über das Budget verhandelt werden sollte, nicht stattfand. Die Situation der Warschauer Juden verschlechterte sich. Pauperismus verbreitete sich, zusätzlich herrschte eine wirtschaftliche Krise. Trotz alledem nahm die Gemeinde Entscheidungen vor. Sie kämpfte gegen die Einschränkungen des rituellen Schlachtens, bemühte sich bei den polnischen Behörden um Handlungen gegen antijüdische Ausschreitungen und unterstützte die jüdischen Gemeinschaften in all jenen Städten, in denen es zu Pogromen gekommen ist.
Die letzten Wahlen vor dem Krieg fanden im September 1936 statt. Der Bund entschied sie für sich und zog mit 15 Mandaten in den Rat. Die Aguda erhielt 13 Mandate, die Zionisten 11, die Mizrachi 4. Zwar wurde der Vorsitzende des Gemeinderats, Jakub Trokenheim, gewählt, doch die Wahl zum Vorstand misslang. Die Konflikte innerhalb des Rates führten zu einer Intervention der städtischen Behörden. Anfang 1937 wurde ein Kommissarischer Vorstand ins Leben gerufen, der als Provisorischer Vorstand bezeichnet wurde. Zum Vorsitzenden wurde Maurycy Mayzel gewählt. Die neuen Entscheidungsträger konnten bereits nach kurzer Zeit viele veraltete Angelegenheiten erledigen, u. a. die Aufräumarbeiten auf dem Friedhof in Praga und die Renovierung von Schulen.
Die jüdische Gemeinschaft im Warschau der 30er Jahre setzte sich überwiegend aus armen Menschen zusammen. Sie beschäftigten sich mit Handwerk und Einzelhandel. Die Gemeinde versuchte, den ärmsten ihrer Mitglieder zu helfen. Es wurde Beihilfe ausgezahlt, Ambulatorien, Apotheken, Kantinen und Waisenhäuser finanziert. Viele Juden nahmen auch die Unterstützung von karitativen Einrichtungen, wie bspw. des America Jewish Joint Distribution Commitee (Joint) in Anspruch. In der zweiten Hälfte der 30er Jahre kamen zu der Gruppe der Bedürftigen Flüchtlinge aus Deutschland hinzu.
Ende August 1939 nahmen die Vorsitzenden der Gemeinde, Vertreter des Rabbinats sowie einfache jüdische Bürger am Bau der Deckungsgräben teil.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs flüchteten viele jüdische Aktivisten, unter ihnen auch der Vorsitzende des Vorstands Maurycy Mayzel, aus Warschau. Seine Pflichten übernahm Adam Czerniaków. Am 23. September 1939 wurde er vom Stadtpräsidenten zum Gemeindevorsitzenden ernannt. Mitte September entstand die Koordinationskommission für Jüdische Soziale Einrichtungen, die später in die Jüdische Soziale Selbsthilfe umgewandelt wurde.
Am 7. Oktober 1939 schufen die Deutschen in Warschau den Judenrat, der aus 24 Personen bestand. An seiner Spitze stand wiederum Adam Czerniaków. Die ersten Repressionen gegen Juden seitens der deutschen Behörden fanden bereits im Oktober 1939 statt. Ihre Bank- und Sparkonten wurden gesperrt. Ferner wurden Juden im Alter zwischen 14 und 60 Jahren zur Arbeit gezwungen. Es wurden Lebensmittelmarken verteilt. In dieser Zeit lebten in Warschau 359 827 Juden. Zusätzlich kamen bis zum Herbst 1940 rund 90 Tsd. jüdische Flüchtlinge aus den polnischen Gebieten, die vom Deutschen Reich annektiert wurden, und anderen Teilen des Landes in die Stadt.
Die Deutschen schränkten die Rechte und Freiheiten der jüdischen Bevölkerung schrittweise ein. Es wurde zur Pflicht, auf dem rechten Arm eine Binde mit dem Davidstern zu tragen. Auch alle jüdischen Geschäfte und Betriebe wurden markiert. Anfang 1940 schlossen die Besatzer die Synagogen und erließen ein Verbot für gemeinsame Gebete in Privatwohnungen.
Anfang des Frühlings wurden die Gebiete des einstigen jüdischen Viertels mit Stacheldraht umzäunt und als Seuchengebiet kenntlich gemacht. Ende März befahlen die Deutschen dem Judenrat, eine Mauer zu errichten.
Im Herbst hingegen wurde es den Juden verwehrt, verschiedene Teile der Stadt zu betreten. Sie durften sich nunmehr nur noch mit einer speziell markierten Straßenbahn fortbewegen. Am 12. Oktober 1940 verkündete der Gouverneur des Distrikts Warschau, Ludwig Fischer, die Errichtung eines Ghettos in Warschau. Alle Juden, die in anderen Stadtteilen lebten, mussten dorthin umziehen. Der letzte Tag des Umzugs in das Ghetto war der 14. November 1940. Zwei Tage später wurde das Ghetto geschlossen.
Das Warschauer Ghetto war das größte Ghetto imvon Deutschland besetzten Europa. Zu Anfang nahm es eine Fläche von 307 ha ein. Die größte Zahl an Zuwanderern verzeichnete das Ghetto im April 1941 - ca. 450 Tsd. Menschen. Schrittweise fiel diese Zahl aufgrund von Hunger, Krankheiten oder Repressionen seitens der Deutschen. Im Juli 1942 ordneten die Deutschen eine Aussiedlungsaktion an. Tatsächlich bedeutete dies die Deportation der jüdischen Bevölkerung in das deutsche Vernichtungslager Treblinka und somit den Tod in den Gaskammern. In der Zeit vom 22. Juli bis zum 21. September 1942 wurden insgesamt 272 Tsd. Juden aus dem Warschauer Ghetto deportiert und ermordet.
In Warschau blieben rund 35 Tsd. Juden. Es waren vorwiegend junge und einsame Menschen, die oftmals nach dem Verlust ihrer Liebsten der Realität gleichgültig gegenüberstanden. Doch in dieser Atmosphäre der Resignation entstand die Idee eines bewaffneten Widerstands gegen die Deutschen. Im März 1942, auf Initiative der linken Aktivisten Józef Lewartowski, Mordechaj Anielewicz, Josef Kapłan, Szachno Sagan, Józef Sak, Icchak Cukierman und Cywia Lubetkin, entstand der Antifaschistische Block. Diese Organisation wurde zum Vorreiter, der einige Monate später gegründeten Jüdischen Kampforganisation (poln. Żydowska Organizacja Bojowa, ŻOB). Im Herbst 1942 entstand darüber hinaus der Jüdische Militärverband (poln. Żydowski Związek Wojskowy, ŻZW) – eine bewaffnete Formation, die von Zionisten und Revisionisten der Zionistischen Organisation, der Neuen Zionistischen Organisation sowie Betar gegründet wurde. An ihrer Spitze standen Leon Rodal und Paweł Frenkl. Ihr Sitz befand sich in der Muranowska-Straße 7. Es wurde Kontakt mit dem polnischen Widerstand aufgenommen.
Anfang 1943 tauchten Informationen über die Liquidation der Fabriken auf dem Gelände des Ghettos und der Deportation ihrer Mitarbeiter auf. Am 19. April 1943, als die Deutschen in das Ghetto einmarschierten, um es aufzulösen, wurden sie von jüdischen Kämpfern angegriffen. Der Aufstand im Warschauer Ghetto hatte begonnen. Die Kämpfe dauerten bis Mitte Mai 1943 an. Am 8. Mai 1943 umstellten die Deutschen den Bunker der Leitung der Jüdischen Kampforganisation. Ihr Anführer Mordechaj Anielewicz beging mit den anderen Kämpfern Selbstmord. Danach führten die Aufständischen nur noch vereinzelte Kämpfe. Nur wenigen gelang es, über die Kanalisation das Gelände des Ghettos zu verlassen. Am 16. Mai 1943 wurde die Große Synagoge in der Tłomackie Straße in die Luft gesprengt. Dies sollte ein Symbol der Niederschlagung des Aufstandes sowie der Liquidation des Warschauer Ghettos sein. In den folgenden Monaten machten die Deutschen den einstigen jüdischen Wohnbezirk dem Erdboden gleich.
Nur wenige Warschauer Juden überlebten den Holocaust. Im Jahre 1946 lebten in der Stadt rund 18 Tsd. Juden. Die meisten von ihnen kehrten nicht in die Stadt zurück, sondern ließen sich in den wiedererlangten Gebieten nieder oder verließen das Land. Das Zentrum des jüdischen Lebens in Warschau befand sich in Praga, um die Jagiellońska und Targowa- Straße, wo ihre Sitze die jüdischen Organisationen hatten. Auf der anderen Uferseite hingegen war es die Poznańska-Straße und die Aleje Jerozolimskie, wo sich der Kibbuz Haschomer Hatzair befand.
Im Februar 1945 wurde das im Herbst des vorangegangenen Jahres in Lublin gegründete Zentralkomitee der Juden in Polen nach Warschau verlegt. Sein Sitz befand sich in Praga, in der Targowa-Straße 44. Im Komitee saßen Vertreter aller damaligen jüdischen Gruppierungen. Zu seinem ersten Vorsitzenden wurde Dr. Emil Sommerstein gewählt, sein Nachfolger hingegen war Adolf Berman. Das Komitee wurde u. a. vom Joint bezuschusst. Das wichtigste Ziel des Komitees war die materielle und psychologische Unterstützung der Juden, die den Holocaust überlebt hatten. Die Überlebenden wurden registriert, ihnen wurde bei der Suche nach ihren Familien geholfen. Das Komitee koordinierte alle jüdischen Institutionen, Vereinigungen und Schulen. Sein Presseorgan war das in Jiddisch herausgegebene „Dos Naye Lebn“ (anfangs in Lodz herausgegeben) sowie der „Biuletyn Żydowskiej Agencji Prasowej“ (der in Gestalt eines Skripts seit Herbst 1944 in Lublin, daraufhin ab 1950 in Warschau vertrieben wurde). Wobei in Warschau auch das dem Zentralkomitee unterstellte Warschauer Jüdische Komitee mit all seinen Abteilungen tätig war. Im Jahre 1950 wurde es in die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Juden in Polen umgewandelt. Ihr Presseorgan wiederum war die „Folks Shtime“.
Im Herbst 1945 wurde in Warschau die Nożyk-Synagoge eröffnet. In Jahre 1947 zog die Zentralverwaltung der jüdischen Organisationen von Łódź nach Warschau um. In das wieder aufgebaute Gebäude der Judaistischen Bibliothek zog die Zentrale Jüdische Geschichtskommission ein, die im Herbst 1947 in das Jüdische Historische Institut umgewandelt wurde. Ein Jahr später entstand der Jüdische Religionsverband. Sein Sitz befand sich in der Twarda-Straße 6. Im Jahre 1955 zog ebenfalls das Jüdische Theater nach Warschau um. Ab 1969 befindet sich dieses am Grzybowski-Platz 12/16. In den 1960er Jahren war die jüdische Gemeinschaft recht klein. Im Jahre 1966 waren in der Warschauer Zweigniederlassung der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Juden in Polen 6,2 Tsd. Personen registriert.
Die antisemitische Kampagne, die im Sommer 1967 begann und ihren Höhepunkt in den Ereignissen vom März 1968 hatte, zwang einige Tausend Juden aus Polen auszuwandern. Viele von ihnen verließen Warschau über den Bahnhof Warszawa-Gdańska.
In diesen widrigen politischen Bedingungen stagnierte das jüdische Leben. Es begann erst in den 1980er Jahren wieder aufzublühen. Beim Verband für Denkmalpflege entstand das Soziale Schutzkomitee für Friedhöfe und Denkmäler der Jüdischen Kultur. Das Komitee befasste sich hauptsächlich mit dem jüdischen Friedhof in der Okopowa-Straße 49/51. Im Jahre 1982 wurde dieser dank der Nissenbaum-Stiftung umzäunt. Im darauffolgenden Jahr wurde erneut die Nożyk-Synagoge eröffnet. In den folgenden Jahren entstanden jüdische Stiftungen, dank denen das Gedenken an die jüdische Gemeinschaft in Warschau aufrechterhalten wurde (Roland S. Lauder-Stiftung, Shalom-Stiftung).
Im Jahre 1987 wurde die Jüdische Glaubensgemeinde in Warschau reaktiviert. Die orthodoxe Nożyk-Synagoge in der Twarda-Straße wurde zur Hauptsynagoge der Gemeinde. Personen, die sich zum reformierten Judaismus bekennen, besuchen die Etz-Chaim-Synagoge in den Jerozolimskie-Alleen. Eine eigene Synagoge besitzt auch die chassidische Gemeinschaft Chabad Lubawitsch sowie die reformierte Gemeinschaft Beit Warszawa.
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